Halb neun in Berlin-Mitte: Wiebke Schwartau begrüßt Oliver Reese im Profitrainingszentrum von Alba-Berlin. Hier trainieren die Spieler:innen der ersten Bundesliga fünfmal die Woche. Kurz vor dem Trainingsbeginn der Männermannschaft hat sie uns in die heilige Halle geladen: Wiebke ist 26 Jahre alt, spielt seit zwanzig Jahren professionell Basketball, ist mit Alba Berlin Deutsche Meisterin 2024 geworden, studiert, arbeitet zudem im pädagogischen Bereich und geht in ihrer Freizeit gern ins Theater. Sie zeigt Parallelen auf, die sie zwischen ihrem Beruf und den darstellenden Künsten sieht: Auch sie performe regelmäßig vor Publikum – etwa 2000 Menschen feuern pro Spiel die Mannschaft an - auch sie werde betrachtet, ihre Leistung bewertet. Sport und Spiel lägen nah beieinander, so auch das Schauspiel und die Performance. Ihrer Meinung nach eröffnen sowohl Vorstellung als auch Spiel den Zuschauenden neue Perspektiven, sie bemühe sich, den Leuten in den Rängen eine gute Zeit durch ihr Spiel zu bereiten – als Oliver Reese sie fragt, was sie glaube, was die Schnittmenge für sie sei, sagt Wiebke:
"Meine Teammitglieder und ich, wir wollen den Zuschauenden ein positives Erlebnis oder schön Gefühle geben, wenn sie die Halle wieder verlassen. Und ich glaube, diese Anregung, die man bekommt in einer Sporthalle wie auch im Theater. Ich glaube, das ist ein großer Grund, weshalb Leute hier hingehen oder zu euch gehen."
Sie freut sich über die Arbeit der Schauspieler:innen auf der Bühne, die die Themen, die sie beschäftigen, mit den Mitteln des Theaters aufbereiten. Als "lebensverändernd" bezeichnet sie den Basketball in ihrem Leben – als "lebensbereichernd" das Theater.
Der nächste HausBEsuch führt uns ans Institut für Bauingenieruwesen der Technische Universität in Gesundbrunnen. Hier erwartet uns Cihan Taylan Akdağ, er ist Bauingenieur und ein echter Brecht Ultra. Während seines Studiums hat er angefangen, selbst Theater zu spielen, weil er sich neben seiner Beschäftigung mit Wissenschaft auch mit Kulturveranstaltungen auseinandersetzen wollte – zuweilen sei er einmal die Woche ins Theater gegangen.
Er sagt, er habe alle Werke Bertolt Brechts gelesen, auch dessen Gedichte – das Theater sei für ihn ein heiliger Ort, an dem er anhand der gesehenen Stücke eine Analyse über Leben und Gesellschaft anstellen könne. In seinem Alltag ist er in der Forschung und in der Lehre tätig, er setzt sich als Bauingenieur mit Offshore-Windenergieanlagenfundamenten auseinander und lehrt zur Boden-Fundament-Interaktion, er muss also logisch, scharfsinnig und genau denken und beurteilen, damit die Bauunternehmungen direkt stabil fußen können.
Kein Wunder also, dass er das Medium Theater nutzt, um seine Leidenschaften, wenn nicht gar zwei Welten, miteinander zu verbinden, die Kunst analysiert, Brechts Lehren und Lehrstücke zelebriert. Brecht sei ein Revolutionär in der Theatergeschichte, sagt Taylan. Auch hier sieht er eine Verbindung zur Wissenschaft: Jemand, der sich etwas traut, entdeckt und umsetzt.
Oliver Reese fragt noch einmal nach dem Gegensatz: Die harten Materialien, mit denen Taylan sich täglich befasst und die Zartheit, die Emotionen, die er im Theater findet.
"Wir haben auch da ein Material. Einen Körper, eine Stimme. Schauspieler:innen gehen an Grenzen. Und das nicht allein, sondern sie begegnen einander. Es kommt zu einer Entdeckung. Wir nutzen unseren Körper im Alltag nicht so, höchstens effizient."
Lernen Sie Wiebke und Taylan kennen!
Mit freundlicher Unterstützung von Sawade Berlin.