Backstage

Wir sind nun: Verbunden.

In der Spielzeit 2025/26 bringt Regisseur Stas Zhrkov Saša Stanišićs 2019 erschienenen Roman "Herkunft" auf die Bühne des Neuen Hauses. Wie es sich anfühlt, das Buch für die Bühne adaptiert zu sehen, worauf der Autor beim Schauen der Inszenierung achtet und was das Medium Theater für eine Kraft bieten kann, das haben wir ihn für Sie gefragt. 

Saša Stanišić und Inke Johannsen | 05.05.25
Bertolt-Brecht-Platz 1
10117 Berlin
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Theaterkasse

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Der Vorverkauf bis 6. Juli läuft! Der Vorverkauf für die weiteren Juli-Vorstellungen bis Spielzeitende beginnt am 3. Juni. Unsere Theaterkasse hat montags bis samstags von 10.00 Uhr bis 18.30 Uhr für Sie geöffnet.

Lieber Saša, dein Roman "Herkunft" wird seit einigen Jahren immer wieder für das Theater adaptiert. Was geht derweil in dir vor und inwieweit bist du in die Prozesse eingebunden?


Es geht mir ein wenig so, als sei ich auf  einer Familienfeier, aber die Anwesenden sind nicht meine Familie. Und dennoch mir vertraut und voller Geschichten, die ich kenne. Manchmal merke ich auch: Die Geschichten kenne ich, aber die Pointe sitzt nicht oder die Reihenfolge ist neu. Andermal werde ich tatsächlich emotional, weil etwas so bekannt und "nah" ist. Ich finde es jedenfalls wirklich spannend, jede Adaptation. 
Involviert bin ich gelegentlich auch, wenn die Theater es wünschen und meine Zeit es zulässt, aber am liebsten ziehe ich mich zurück. Theaterbühne sollte die größte Freiheit des Stoffs für sich in Anspruch nehmen können, da störe ich als Autor der Vorlage eher. Raum, Körper, Licht, Stimmen – viele konkrete Zugänge zum Stoff, die das Buch gar nicht leisten kann oder will – werden lebendig. Und wenn ich mal dabei bin, dann als neugieriger Zuschauer (des eigenen-anderen Lebens).

 

Gibt es einen für dich besonderen Moment innerhalb deines Romans, auf den du dich freust oder vor dem du bangst, sobald du ihn auf der Bühne siehst?


Ich habe bisher einige Inszenierungen gesehen und war jedes Mal auch nervös, da ich unbedingt wollte, dass alles gelingt. Dass also die Spielenden glänzen und die getroffenen Stoffentscheidungen, die richtigen sind und das Publikum erfreut und berührt nach Hause geht. Auch wenn ich nicht Teil des Teams vor Ort war, war ich Fan. Besonders sensibel bin ich bei Szenen, in denen meine Großmutter vorkommt – wenn ihre Demenz sichtbar wird oder auch mit ihren Erinnerungen gespielt wird. Sie war eine wichtige Person in meinem Leben, ihre Bedeutung schwebt über allem. Außerdem freue ich mich immer, wenn Humor gelingt. Wenn das Lachen bleibt, trotz der hintergründigen Ernsthaftigkeit mancher Themen.

 

Inwiefern kann das Medium Theater Brücken zu Themen wie Migration und Identität schlagen und kann das szenisch Performative überhaupt den (Sprach-)Bildern entsprechen?


Theater kann Nähe schaffen. Indem es Stücke inszeniert, die auch mal ein anderes Publikum ansprechen als nur das bürgerliche. Indem es auch mal in die Straßen geht, statt (oft vergeblich) zu versuchen, die Straße ins Haus zu holen. Es kann (Nichtdeutsche-) Sprache inszenieren, (gesellschaftliche) Kontroversen thematisieren oder auch aus (historischen) Verfehlungen der Mehrheitsgesellschaft zwei Stunden politisches Spiel herstellen. Themen wie Migration und Identität sowie Nationalismus und Gewalt– das sind außerdem nicht nur Diskurse, sondern haben auch immer (spielbare szenische) Entsprechungen, in denen Verhältnisse zwischen dem eigenen und dem als fremd Empfundenen eine Körperlichkeit bekommen - dafür ist Theater ein sehr gutes Medium. 
Und ich sehe eigentlich keine Konkurrenz zwischen Literatur und Theater und auch nicht unbedingt ein reines Übersetzen von Wort in Szene. Wir wollen – jeder auf seine eigene Weise – Geschichten erzählen. Im Falle von "Herkunft" entsteht bei euch jetzt einfach ein neues Kapitel dieser meiner Geschichte. Wir sind nun: verbunden.