"Srebrenica bedeutet: Wir müssen allen genau zuhören."

Regisseur Branko Šimić und Fotograf Armin Smailovic haben "Srebenica - 'I counted my remaining life in seconds'" am Hamburger Thalia Theater entwickelt. Nun wird der Abend in das Repertoire des Berliner Ensemble übernommen. Lesen Sie hier das Kurzinterview. 

Branko Šimić, Armin Smailovic und Lukas Nowak | 24.11.25
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Vor zehn Jahren hatte Srebrenica am Hamburger Thalia Theater Premiere. Wie blickt ihr zurück auf diese Zeit und wie ist es für euch, dass das Stück nun in Berlin gespielt wird?
 

Armin Smailovic: Viele Menschen aus Kriegsgebieten haben in Berlin ein neues Zuhause gefunden. Wir hoffen, dass das Stück auch hier ein Zuhause finden wird – und ein noch internationaleres Publikum. Die Welt ist gerade ein einziger Konfliktort. Auch heute werden Kriegsverbrechen verübt. Srebrenica war der erste Genozid nach dem Zweiten Weltkrieg auf europäischem Boden. Srebrenica steht für sich – auch als Mahnung für die Zukunft. Das Stück protokolliert die Tatsachen und die Gedanken der Beteiligten. Srebrenica zeigt auf etwas Allgemeingültiges: das unglaubliche Leid der Menschen. Im Krieg sind immer die einfachen Menschen die Opfer.
Branko Šimić Das Stück war für uns von Anfang an eine außergewöhnliche Arbeit. Wir sind 2015 zusammen nach Srebrenica gereist. Armin Smailovic konnte u.a. mit Ahmo sprechen, einem der Überlebenden. Seit zehn Jahren spielen Vernesa Berbo und Jens Harzer nun das Stück. Srebrenica ist eine Warnung an die Welt – und es ist eine Widmung an Ahmo.
 

 

 

30 Jahre nach dem Völkermord wurde am 11. Juli 2025 erstmals ein internationaler Gedenktag begangen. Es gab eine Aussprache des deutschen Bundestags dazu, auch mit rassistischen Aussagen: Srebrenica zeige das Scheitern von Multikulturalität, was ohne "Leitkultur" drohe. Srebrenica ist offensichtlich auch eine Projektionsfläche. Was bedeutet Srebrenica?



Branko Šimić In Srebrenica wurde mit unglaublicher Gewalt die Kultur von extremen Nationalisten angegriffen. Aber sie haben es nicht geschafft, die multikulturelle und multiethnische Identität von Bosnien zu zerstören. Das von außen zu behaupten, ist absurd. Nicht die Multikulturalität ist gescheitert – sondern diejenigen, die gemordet haben.
Armin Smailovic: Die einfachen Menschen haben kein Interesse, sich Waffen an den Kopf zu halten. Multikulturalität wird nicht durch sich selbst bedroht, sondern durch politischen Nationalismus. Srebrenica bedeutet, dass wir uns zu Herzen nehmen, was Ahmo uns erzählt hat – immer nach Gerechtigkeit suchend und für Versöhnung einstehend. Und auch die wahrnehmen, die Gewalt verhindern wollten, aber keine Chance hatten. Srebrenica bedeutet: Wir müssen allen genau zuhören.