Im ersten Teil der Diskussion wurde der Kulturbegriff selbst in den Blick genommen. Dabei wurde deutlich, dass es unterschiedliche kulturelle Räume gibt und dass nicht jede Rede von "Kultur" automatisch eine politische Debattenkultur meint. Kultur ist vielschichtig, und ihre Bedeutungen überlagern sich je nach Kontext.
Zugleich wurde herausgearbeitet, dass Kulturdebatten historisch stets auch eine soziale Funktion hatten: Sie dienten der Bildung gesellschaftlicher Gruppen und der Abgrenzung voneinander. Kultur war und ist damit ein Mittel sozialer Selbstverortung.
Häufig, so ein weiterer Punkt, werden andere gesellschaftliche Konflikte, die schwerer zu fassen sind und die oft auch die eigene Position infrage stellen, in kulturkämpferische Auseinandersetzungen übersetzt. Beispiele wie das Lastenfahrrad oder die Automobilindustrie zeigen, wie komplexe strukturelle Fragen symbolisch aufgeladen werden.
Ein weiterer Aspekt ist die starke Emotionalität lebensweltlicher Themen. Gerade weil sie den Alltag unmittelbar betreffen, wirken sie oft stärker emotionalisierend als abstrakte politische oder ökonomische Fragen und sind entsprechend anfällig für Polarisierung.
Gegenwärtig scheint es schwierig zu sein, dieser kulturkämpferischen Aufladung allein mit aufklärerisch-rationalen Haltungen zu begegnen. Möglicherweise liegt das daran, dass zwischen Religion und politischen Ideologien einerseits und der heutigen gesellschaftlichen Wirklichkeit andererseits ein Leerraum entstanden ist. Traditionelle identitätsstiftende Gemeinschaften – etwa Kirche oder große politische "-ismen" – haben an Bindekraft verloren oder wurden dekonstruiert. Nicht alle Menschen halten diesen Bedeutungs- und Orientierungsverlust gut aus, sodass lebensweltliche Themen diese Leerstelle füllen.
Offen bleibt, ob sich diese Entwicklung "zurückkämpfen" lässt oder ob es vielmehr darum gehen muss, sich ihr zu stellen und Kulturdebatten auf eine konstruktive Weise zu führen. Doch was genau eine gute Art ist, Kulturkampf zu führen – oder ob dieser Begriff selbst bereits Teil des Problems ist –, bleibt eine zentrale offene Frage der Diskussion.