Aufzeichnungen aus dem Kellerloch

von Fjodor M. Dostojewski
Übersetzung: Swetlana Geier, Fassung: Johannes Nölting
Bertolt-Brecht-Platz 1
10117 Berlin
Kontakt & Anfahrt

Theaterkasse

+49 30 284 08 155
theaterkasse@berliner-ensemble.de

Der reguläre Vorverkauf für alle Vorstellungen bis 2. Dezember 2024 sowie die Feiertage läuft. Unsere Theaterkasse hat montags bis samstags von 10.00 Uhr bis 18.30 Uhr für Sie geöffnet.

Das grenzenlose Leben in der Großstadt, der Anspruch auf Freiheit und die Kostbarkeit des eigenen Lebensentwurfs – nämlich genau so leben zu können, wie man es möchte – finden am Ende des Tages im "wirklichen" Leben nur wenig Platz. Stellt sich die Frage: Gibt es das denn überhaupt, "freien Willen"? Kann man das überhaupt, "Leben nach eigener Vorstellung"? Oder ist das am Ende doch nur etwas für die "happy few", in einer Welt, die längst berechnet und verkauft ist? In einer Abrechnung und Annäherung gleichermaßen durchlebt Dostojewskis Protagonist noch einmal sein Leben, predigt und wütet heillos, immer auf der Suche nach dem echten Leben innerhalb der Abgründe der Gesellschaft.

Die meisten Dinge im Leben sind in Systemen geordnet; seien es politische Systeme und Staatsformen, Wirtschaftssysteme, Sitten und Sprache, Mythen und Glaube oder Organisationsformen von Wissen. Menschen schaffen Systeme, um sich die Natur, die Umwelt und jede Form von Miteinander handhabbar zu machen. Sie schützen vor dem Nichts – vor der Sinnlosigkeit und Grausamkeit der Welt.

Ein Problem allerdings, das sich damit stellt, ist, dass Systeme immer auch Macht bedeuten. Sie machen die Welt zwar verfügbar, aber so gut wie nie komplett und nie für alle. Die Menschen nun, die – selten freiwillig – außerhalb dieser Systeme geraten, sind es, die im Mittelpunkt von Dostojewskis Werk stehen: Die Unsichtbaren, die nicht reich, klug, jung oder fortschrittlich genug sind. Diese Menschen sind nicht gern gesehen und sie kommen auch selten in der Literatur vor. Die Gefahr, die die Unsichtbaren darstellen, ist nämlich, dass sie sichtbar machen, dass Systeme menschengemacht sind und damit veränderbar; sie sind gefährdet und gefährdend gleichermaßen. Diese Unsichtbaren zeigen, dass es etwas gibt, das außerhalb des Systems ist und das liegt daran, dass Systeme nicht natürlich sind. Und wenn die Welt veränderbar ist, bedeutet das auch, dass wir, die wir in den Systemen leben, für sie verantwortlich sind und einen Umgang mit dem, was außerhalb ist, finden müssen.

Die Totalität von Systemen nivelliert den Menschen – das zeigt sich bei Dostojewski an denjenigen, die in ihnen nicht vorkommen, die am Rand oder vor dem Abgrund stehen und nicht weiter wissen. Denn in ihnen offenbart sich die menschliche Existenz – als schmerzhaft und gefährdet, aber frei.

Denn der Mensch hat eine Wahl – wenn auch keine leichte. Dostojewski besteht darauf, dass sich die Freiheit des Menschen, die er zwischen den zwei Polen der Welt – dem Glauben und dem Wissen – verloren sieht, im Wollen besteht. Wo der Glaube den Menschen zu sittlicher Demut ermahnt und das Wissen dem Menschen beweist, dass er nichts weiter als eine Reihe molekularer Kausalketten ist, können wir Freiheit wollen und sind damit verantwortlich. Die Welt ist ein System vor dem Abgrund – und es liegt an uns sie zu gestalten.

von Johannes Nölting

Trailer

Pressestimmen

"Schauspieler Oliver Kraushaar hat bereits 2018 mit Brechts 'Lebenslauf des Boxers Samson-Körner' gezeigt, wie sehr ihm das Format des Monologes liegt. Hier gelingt es ihm in einem eindrucksvollen Kraftakt erneut."Berliner Morgenpost

"Kraushaar spielt grandios den namenlosen Protagonisten aus Dostojewskis Roman 'Aufzeichnungen aus dem Kellerloch', und dieser Mann sieht sich selbst, nicht zu Unrecht, zugleich als Opfer und als Täter, ein von Hass und Trostbedürftigkeit geschütteltes Mängelmännchen, das die Schläge und Tritte, die es empfängt, perfid nach unten weitergibt – womit es die Verhältnisse, von denen es gefesselt wird, gleichsam noch fester stampft."Die Zeit

"Ein provokanter und unvergesslicher Abend."UnAuf

"Kraushaar macht eine wunderbare Karikatur männlichen Selbsthasses daraus, wie es ihm überhaupt oft gelingt, die larmoyanten Verhaltensroutinen seines Geschlechts präzise freizulegen – auch indem er gnadenlos besoffen die Hosen herunterlässt."Berliner Morgenpost