Scène 22 online

Webserie mit französischen Theatertexten auf Deutsch

"Scène" ist eine Anthologie von Theaterstücken zeitgenössischer Autor*innen aus Frankreich und dem französischen Sprachraum in deutscher Übersetzung. Acht brandneue Dramentexte aus Frankreich, Belgien, Québec und der Schweiz stellt die neueste Ausgabe der Anthologie vor.

Das Berliner Ensemble zeigt die Veranstaltung "Scène 22", die nicht wie geplant im November auf der Bühne stattfinden kann, in Kooperation mit dem Institut français ab 14. November 2020 als Mini-Webserie auf "BE at home". Ensemblemitglieder präsentieren in Form von szenischen Lesungen Auszüge von zeitgenössischen Theatertexten aus französisch-sprachigen Ländern in deutscher Übersetzung, ergänzt durch Interviews mit den Autor*innen.

Olivier Choinière, Claudine Galea, Julie Gilbert, Annick Lefebvre, Alex Lorette, Sarah Jane Moloney, Myriam Saduis und Gwendoline Soublin setzen sich mit unserer dystopischen Gegenwart auseinander und fragen nach den Zukunftsperspektiven einer Generation, die mit globalen Krisen, Turbokapitalismus und Werteverfall aufgewachsen ist.

Es lesen Laura Balzer, Constanze Becker, Oliver Kraushaar, Ben Münchow, Josefin Platt, Kathrin Wehlisch und Paul Zichner.

Weitere Informationen zu "Scène", allen Texten und Autor*innen, finden Sie auf https://scene-theater.de/scene/.

 

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Der Vorverkauf für alle Vorstellungen bis 5. Mai und an Pfingsten (18.-20.5.) läuft! Der Vorverkauf für die restlichen Vorstellungen im Mai beginnt am 3. April um 10 Uhr. Unsere Theaterkasse hat montags bis samstags von 10.00 Uhr bis 18.30 Uhr für Sie geöffnet.

"Wutströme" von Julie Gilbert

In "Wutströme" der Genfer Dramatikerin Julie Gilbert, gelesen von Oliver Kraushaar, ist das Widersprüchliche und Fragmentarische Programm. Einerseits werden in dem vielstimmigen Text über Exil, Migration und Identität Fragmente von Fluchtgeschichten und persönlichen Schicksalen miteinander verquickt, bis das Bild einer universellen Welle des Leidens entsteht, die aus dem globalen Süden in den Norden schwappt. Gleichzeitig stellt die Autorin diesen lyrisch überhöhten Klagegesängen immer wieder Szenen gegenüber, die die Perspektive des westlichen Dramatikers hinterfragen, der anstelle der eigentlichen Protagonisten spricht und ihre Biografien nur benutzt. Gilberts Stück, das bereits 2011 entstand, nahm zahlreiche Fragestellungen vorweg, die heute spätestens seit der Europäischen Migrationskrise von 2015 Allgemeingut sind. Wie lassen sich globale Katastrophen abbilden? Wer besitzt die Legitimität, darüber zu sprechen? Die Autorin löst die Spannung zwischen Dominanz und Schuldgefühl nicht auf, die die Beziehungen zwischen den reichen Industrienationen und dem Süden prägen. Ihr Text "Wutströme" ist eine Art Aufschrei, der nicht heilen will, sondern Paradoxa benennt und sie stehenlässt.

 

Interview mit Julie Gilbert

Julie Gilbert, geboren 1974 in Grenoble, ist Dramatikerin und Drehbuchautorin. Nach einer Kindheit in Mexiko und Frankreich und Zwischenstationen in Havanna, Montreal, New York und Los Angeles, lebt sie heute mit Schweizer und französischer Doppelstaatsbürgerschaft in Genf. Während der Spielzeit 2019/20 ist sie dort als Dramaturgin am Théâtre Poche/GVE tätig. Neben Film- und Theaterprojekten entwickelt Julie Gilbert auch performative Formate wie "La bibliothèque sonore des femmes", die sich mit dem Platz der Frauen in der Gesellschaft beschäftigen.

 

"Stacheldraht" von Annick Lefebvre

Eine Figur, deren Geschlecht nicht genau bestimmt ist – "vielleicht ein Mann, vielleicht eine Frau und vielleicht jemand, für den Geschlecht etwas Fließendes ist" – und die vor Kurzem Vater oder Mutter geworden ist, hat soeben erkannt, dass im Inneren eines jeden Menschen in der westlichen Welt ein Stacheldraht schlummert, der ständig länger wird, sich nach und nach durch alle Organe bohrt und schließlich zum Tod seines Wirts führt. Atemlos gegen das Verrinnen der Zeit anredend vollzieht die Figur eine Generalabrechnung mit sich selbst und ihrem schizophrenen Dasein zwischen Selbstoptimierung, Alltagsrassismus, Geschlechterungleichheit, Familiendramen und social-media-erfahrenem Gutmenschentum. Trotz seines Tempos und poetry-slamartigen Sprachwitzes ist "Stacheldraht", hier gelesen von Josefin Platt, die bitterböse Bestandsaufnahme einer Gesellschaft ohne wirkliche Bedrohung von außen, die diese Bedrohung nach innen verlagert hat und so den Keim ihrer eigenen Zerstörung bereits in sich trägt.

 

Interview mit Annick Lefebvre

Annick Lefebvre (geboren 1980) ist Dramatikerin, Dramaturgin und Regisseurin. Nach dem Abschluss eines Kritik- und Dramaturgiestudiums an der UQAM (Université de Québec à Montréal) hospitiert sie 2003 bei den Proben zur Weltpremiere von Wajdi Mouawads Incendies. 2012 gründet sie ihre eigene Compagnie Le Crachoir. Neben ihrer Tätigkeit als Dramatikerin arbeitet sie regelmäßig als Dramaturgie-Coach für junge Autor*innen. Ihre oft explizit feministischen Texte werden erfolgreich in Quebec, Frankreich und Belgien aufgeführt.

 

"Und alles" von Gwendoline Soublin

Auf Anregung ihres Kollegen Fabrice Melquiot hatte die junge Autorin Gwendoline Soublin Kinder und Jugendliche nach ihren Ängsten und Wünschen für die Zukunft befragt. Daraus entstand "Und alles", hier gelesen von Laura Balzer und Paul Zichner - eine rührende humorvolle Hymne an eine Generation, die sich nicht mehr mit verquälten Grübeleien aufhält, sondern pragmatisch zur Rettung des Planeten schreitet. Eine Gruppe Kinder sucht nach dem verschwundenen Ehsan, doch befindet sich dieser – wie sich zuletzt herausstellt – nicht in dem vom Vater eingerichteten Atomschutzbunker, sondern an der bretonischen Küste, um dort einen gestrandeten Wal zu retten. Die Suche der anderen nach dem Verschwundenen läuft so hemdsärmelig-pragmatisch ab, dass man als Zuschauer großes Vertrauen in die Zukunft bekommt. Neue Probleme erfordern ein neues Bewusstsein und eine kollektive Strategie. Gwendoline Soublins Protagonisten tragen "migrantische" Namen wie Chalipa, Ehsan oder Salvador, leiden aber keineswegs unter ihren multiplen Identitäten. Wie in "Dunkeltunke" sind die Eltern abwesend, doch ohne dass dies irgendein Trauma hinterließe. In der neuen Solidargemeinschaft, die diese Kinder bilden, werden alle ernstgenommen – unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft. Im Geiste von Fridays for the Future scheint hier eine neue Gesellschaft möglich. Vielleicht könnten Texte wie dieser Werkzeuge für sie sein?

 

Interview mit Gwendoline Soublin

Gwendoline Soublin (geboren 1987) ist Dramatikerin und Schauspielerin. Nach einer Ausbildung zur Drehbuchautorin in Nantes und einem Schauspielstudium in Paris arbeitet sie zunächst als Interpretin und Kunsttherapeutin. Von 2015 bis 2017 studiert sie Szenisches Schreiben an der ENSATT in Lyon. In der Spielzeit 2017/18 ist sie Hausautorin am von dem Dramatiker Fabrice Melchiot geleiteten Genfer Kinder- und Jugendtheater AmStramGram. Ihre Texte, die sich sowohl an Kinder und Jugendliche wie auch an ein erwachsenes Publikum richten, wurden vielfach ausgezeichne tund in mehrere Sprachen übersetzt.

 

"Final Cut" von Myriam Saduis

"Final Cut", gelesen von Constanze Becker, ist ein Monolog, der jedoch immer wieder collagenartig durch Stimmen aus der Geschichte und dem persönlichen Umfeld unterbrochen wird. In einer Art lecture-performance rollt die Schauspielerin und Regisseurin anhand ihres persönlichen Lebenstraumas das historische Trauma der französischen Kolonialisierung Tunesiens und seiner Folgen bis in die Gegenwart auf. Wie in einer Psychoanalysesitzung zeichnet sie die gescheiterte Liebe ihrer Eltern (Mutter: Tunesierin italienischer Abstammung, später französische Staatsbürgerin – Vater: arabischer Tunesier, der aus Frankreich ausgewiesen wird) und den anschließenden administrativen Kleinkrieg nach. Trotz aller historischen, politischen und künstlerischen Exkurse (es wimmelt in dem Stück von Verweisen auf Filme und Chansons, die die kulturelle Atmosphäre im Frankreich der 1960er-Jahre wiedergeben) bleibt der Text ein zutiefst persönliches Dokument einer pathologischen Mutter-Tochter-Beziehung. Am Beispiel der eigenen Biografie zeigt Saduis, wie eine Generation, die zwischen den Folgeschäden des Kolonialismus aufwächst, buchstäblich von der Geschichte erdrückt wird.

 

 

Interview mit Myriam Saduis

Myriam Saduis, geboren 1962 in Dijon, ist Regisseurin, Autorin und Schauspielerin und lebt in Brussel. Nach einem Schauspielstudium am Institut Supérieur des Arts (INSAS) in Brüssel arbeitet sie zunächst Jahre lang als Interpretin, bis sie sich mit ihrer eigenen Compagnie Défilé auf die Regiearbeit konzentriert. Parallel zu ihrer künstlerischen Tätigkeit gibt sie 15 Jahre lang Theaterworkshops in psychiatrischen Einrichtungen. In ihren vielfach ausgezeichneten Regiearbeiten adaptiert sie häufig Prosatexte (z.B. von Ingmar Bergmann, Nicole Malinconi oder Tchekhov, mit einer Adaptation der "Möwe", "Die Nostalgie der Zukunft") für die Bühne. Für «Final Cut», ihren dritten eigenen Theatertext, erhält sie 2019 den belgischen Kritikerpreis Prix Maeterlinck in den Kategorien "bessere Schauspielerin" und "besseres Schauspiel".

 

"Manifest der Jungen Frau" von Olivier Choinière

Bewusst künstlich und anti-psychologisch kommt "Manifest der Jungen Frau", hier gelesen von Ben Münchow, von dem quebecer Theatermacher Olivier Choinière daher. Das Bild der "Jungen Frau", wie es Hochglanzmagazine und einschlägige Mode- und Beziehunghilfeblogs zeichnen, wird hier zur schrillen Chiffre für die Funktionsweisen des Kapitalismus. Eine Gruppe von Performer*innen unterschiedlichen Alters verkörpert mit Perücken die ideale Konsumentin, die alles tut, um ein vollwertiger Teil der Gesellschaft zu sein. Sprechblasenartig werden Werbeslogans deklamiert, bis sich die Thematik nach und nach in den Bereich des Politischen verschiebt. In seinem Hochgeschwindigkeitsoratorium, das in seinen besten Momenten an den frühen René Pollesch und seine Verzahnung von persönlicher Hysterie und gesellschaftlicher Zwangssituation erinnert, vollzieht Choinière einen nur scheinbar zynischen Rundschlag durch das Zeitgeschehen vom Jugendwahn bis hin zum Terrorismus und endet beinahe sentimental mit einer durchaus ernstgemeinten Hymne an die transformatorische Kraft des Theaters. Sein Metatheater, das in Quebec, wo nach wie vor das psychologisierende Schauspiel dominiert, eine Ausnahmestellung einnimmt, ist somit kein Selbstzweck sondern von einem beinahe brechtschen politischen Impetus getragen.

 

Interview mit Olivier Choinière

Olivier Choinière, geboren 1973 in Granby (Quebec) ist Regisseur, Dramatiker und Übersetzer. Nach dem Abschluss des Studiengangs Szenisches Schreiben an der École nationale de théâtre du Canada im Jahr 1996 wird bereits sein erster Theatertext "Le bain des raines" für den renommierten Prix du Gouverneur Général nominiert. Als Leiter der Compagnie L’ACTIVITÉ, mit der er ausschließlich seine eigenen Texte inszeniert, gilt er seit über 20 Jahren als einer der innovativsten und einflussreichsten Theatermacher in Quebec. Für seine Stücke und sein künstlerisches Gesamtwerk wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.

 

"Dunkeltunke" von Claudine Galea

In einem Badeort an der französischen Kanal-Küste verbringen die 10-jährigen Freundinnen June und Winter einen Sommer, umschwärmt von zwei nur unwesentlich älteren Verehrern, dem "Kleinen" und dem syrischen Geflüchteten Haytam El Marwan, der von Australien träumt und den sie der Einfachheit kurzerhand "Mayo" taufen. Vollkommen allein gelassen von der Erwachsenenwelt inszenieren die beiden Mädchen Rollenspiele, erkunden ihre Gefühle füreinander und die beiden Jungs und finden in Kunst und Sprache Gegenentwürfe zu der tristen Arbeitsrealität ihrer überforderten Eltern. Humorvoll und politisch unkorrekt zeichnet die Autorin hier das hoffnungsvolle Portrait einer Generation, die die Welt bewusst erlebt, ohne defätistisch an ihr zu verzweifeln. Anstatt sich von den "dunkeltunkenden Gedanken" lähmen zu lassen, die sie immer wieder überfallen, beschließt Winter trotzig, alles, was sie stört, ebenfalls "dunkel zu tunken" und arbeitet gemeinsam mit ihren Freunden an der positiven Veränderung der Welt, in der sie leben. Es liest Laura Balzer.
 

 

Interview mit Claudine Galea

Claudine Galea (1960 in Marseille geboren) ist Dramatikerin, Journalistin und Autorin von Hörspielen, Romanen und Kinderbüchern. Sie ist Mitglied des Redaktionskomitees der Theaterzeitschrit UBU, schreibt eine wöchentliche Kolumne für die Tageszeitung La Marseillaise und arbeitet für das Lyrikzentrum Cipm (Centre international de poésie Marseille). Ihre Texte wurden in über 15 Sprachen übersetzt und mit Preisen wie dem Grand Prix de littérature dramatique, dem Prix des Lycéens Île de France und dem Prix radio SACD ausgezeichnet. In der Spielzeit 2019/20 ist sie Hausautorin am Théâtre National de Strasbourg. Claudine Galeas Jugendstück " Les Idiots" wurde 1999 in der zweiten Ausgabe von SCÈNE veröffentlicht ("Die Idioten", Übersetzung: Ina Schott).

 

"SapphoX" von Sarah Jane Moloney

"SapphoX" von Sarah Jane Moloney, hier gelesen von Josefin Platt und Pail Zichner, widersetzt sich einer zusammenhängenden Narration, die versuchen würde, "Sinn zu schaffen". Die junge Dramatikerin, die ursprünglich aus dem Bereich der Performance stammt, stellt in ihrem ersten "richtigen" Theatertext eine Beziehung zwischen der aktuellen Migrationskrise und der griechischen Antike, der Wiege der abendländischen Kultur her. Protagonistin ist die legendäre Lyrikerin Sappho, von deren Werk nur mehr 650 Verse erhalten sind und die im Laufe der Jahrhunderte immer wieder gewaltsam neu gedeutet wurde – von der romantisch Liebenden bis hin zur Ur-Mutter des Queerfeminismus. Diese Sappho wird nun in einer Science Fiction-Handlung von zwei Wissenschaftlern zum Leben erweckt, die von ihr die "fehlenden Wörter" fordern, um endlich die "wahre" stichhaltig nachweisbare Lesart des Sapphoschen Werkes zu finden. Parallel dazu wird die Geschichte zwei junger Freiwilliger erzählt, die sich aus der Schweiz nach Lesbos aufgemacht haben, um in dem alptraumartigen Auffanglager Moria als Helfer zu arbeiten. Während das Mädchen nach dem ersten Schock wieder abreist, findet der arabisch-stämmige junge Mann in der Tätigkeit einen Teil seiner Identität wieder. Ebenso wie ihre Protagonistin bleibt die Autorin jedoch klare Antworten schuldig. "SapphoX" spielt auf drei Zeitebenen: in der Science-Fiction-Handlung (2070), der Gegenwart (2020) und in den 1970er-Jahren, als Sapphos Insel Lesbos zu einem Hotspot des beginnenden lesbischen Sextourismus wurde. Anstatt uns klare Aussagen und Ergebnisse zu präsentieren, nimmt Sarah Jane Moloney Sprache und Zeit ernst und bricht eine Lanze für Komplexität und Uneindeutigkeit.

 

Interview mit Sarah Jane Moloney

Sarah Jane Moloney wurde 1986 in Zürich geboren. Sie ist Dramatikerin, Dramaturgin, Regisseurin und Übersetzerin. Nach einem Studium der Altphilologie in Lausanne absolviert sie an der Londoner Royal Central School of Speech and Drama einen MA in Advanced Theatre Practice. 2015 gründet sie die Compagnie L’âge ingrat, deren Performances mit mehreren Preisen ausgezeichnet werden. Im Rahmen des Schweizer Autor*innenförderprogramms Stück Labors arbeitet sie während der Spielzeit 2019/20 als Hausautorin und Hausdramaturgin am Genfer Théâtre Poche/GVE. Das dabei entstandene Stück "SapphoX" ist ihr erster Theatertext.

"Dream Job(s)" von Alex Lorette

Alex Lorette beschäftigt sich mit der kapitalistischen Verheißung der Wunscherfüllung. In seinem formal komplexen, in mehreren Erzählsträngen angelegten, mit immerhin sechs Schauspieler*innen besetzten Text, hier gelesen von Laura Balzer und Oliver Kraushaar, erzählt er die Geschichte von Chloé, die sich nach einem Archäologiestudium prekär von Job zu Job hangelt und schließlich im gewaltigen Lager eines multinationalen online-Versandhandels landet, hinter dem sich unschwer zu erkennen Amazon verbirgt. Als sie schließlich wegen der unmenschlichen Zeittaktung eine Fehlgeburt erleidet, legt sie ein Feuer in der Firma und flieht nach Südamerika, um das Werk des Künstlers Carlos Cruz-Diez zu erforschen, über den sie vor langer Zeit ihre Abschlussarbeit geschrieben hatte. Parallel dazu laufen die Geschichten ihres Freundes Fred ab, der vom DJ zum Kurierfahrer absteigt und die von Paul, der für sich unterschiedliche Firmen um die Entlassungen und Neuvermittlung überflüssigen Personals kümmert. Gegenfigur zu Chloé ist ihre Freundin Melina, die nach einer schweren Krankheit in ihrer Jugend nun alles tut, um sich die glänzenden Träume der Konsumwelt zu erfüllen. Hinter der kunstvollen Verwebung der Handlungsstränge verbirgt sich jedoch ein kaum verhehlter Aufruf zur Revolte. In diesem System, in dem jeder, auch die Chefs selbst, instrumentalisiert und ausgebeutet werden, ist Zerstörung womöglich die einzige Überlebenschance.

 

Interview mit Alex Lorette

Alex Lorette wurde 1973 geboren und lebt und arbeitet als Dramatiker und Regisseur in Brüssel. Zunächst studiert er Wirtschaft und Soziologie, um sich später einer Schauspielausbildung und einem Studium der Theaterwissenschaft zu widmen. 2006 gründet er die Compagnie Kinesis. Seine Texte werden in Frankreich und Belgien gespielt. "Pika Don (Hiroshima)" wurde 2018 beim Heidelberger Stückemarkt präsentiert. Für "Dream Job(s)" erhielt Alex Lorette den belgischen Regiepreis 2018-19.

"Scène 22"

 

Regie: Leyla-Claire Rabih

Video: Dalia Castel

Regieassistenz: Simon Klösener

 

Herausgeber Scène: Leyla-Claire Rabih, Frank Weigand

Projektbetreuung: Sybille Baschung, Adèle Faine, Hermann Lugan, Johannes Nölting, Capucine Valois, Frank Weigand

 

Eine Veranstaltung des Bureau du Théâtre et de la Danse/Institut français Deutschland, der Vertretung der Regierung von Québec in Berlin, von Pro Helvetia – Schweizer Kulturstiftung und Wallonie-Bruxelles International (WBI) in Kooperation mit dem Berliner Ensemble.

In Kooperation mit dem Institut français Deutschland