Elektra

Ein Familienalbum von Rieke Süßkow
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Jede Generation ist gezwungen die Schuld ihrer Vorfahren zu rächen, und wird dadurch selbst zu Verfolgten. Das ist, kurz gesagt, der Fluch, der auf dem Hause der Atriden, der Familie Elektras, liegt. Rieke Süßkows Inszenierung – ein Theaterabend ohne Text – nennt sich "Familienalbum“ und wer darin blättert, muss die Toten ebenso konfrontieren, wie die Lebendigen. Iphigenie, Elektras Schwester, steht bereits in einer langen Reihe von Opfern, als sie durch die Hand ihres eigenen Vaters  Agamemnon, stirbt. Ihre Mutter, Klytämnestra, rächt sie und tötet mit der Hilfe ihres Geliebten Aigisth Agamemnon. Und wird selbst – so will es der Fluch – von ihrem Sohn Orest getötet. Die Quelle dieser Gewalt ist dabei längst aus dem Blick geraten, wir verfolgen nur noch ihre quälende Wiederholung. Gerade die, die sie begehen, stehen fassungslos vor den eigenen Taten. Orest und Elektra sind die letzten Verbleibenden in einem Reich der Schuld. Und kann der Fluch nun ein Ende finden? Welchen Ausgang bietet dieses Horrorhaus der Familientraumata? Orest versucht einen Ausweg aus dem Zyklus von Schuld und Rache: das Geständnis. Aber wie sagt man das Unaussprechliche? Und wird er schließlich gehört? Wer jedenfalls bleibt, ist Elektra.

Rieke Süßkow inszeniert zum ersten Mal am Berliner Ensemble und entwickelte gemeinsam mit dem Ensemble eine körperliches sowie musikalisch Erzählweise, die ohne Sprache auskommt – eine Suche, die sie mit einer viel beachteten "Medea"-Inszenierung begann. 

Zum Stück 

Elektra 

Ein Familienalbum von Rieke Süßkow

 

Aufgehängt am eigenen Schicksal

Die Toten können nicht sterben. Es wird getötet und getötet, aber die, die dabei aus der Welt geschafft werden sollen, mitsamt ihren Taten und ihrer Schuld, geistern stattdessen immer weiter durch die Geschichte. Jede Generation ist gezwungen die Schuld ihrer Vorfahren zu rächen, und wird dadurch selbst zu Verfolgten. Das ist – kurz gesagt – der Fluch, der auf dem Hause der Atriden, der Familie Elektras, liegt. Iphigenie, Elektras Schwester, steht somit bereits in einer langen Reihe von Opfern, als sie durch die Hand ihres eigenen Vaters Agamemnon, stirbt. Ihre Mutter,  Klytämnestra, rächt sie und tötet mit der Hilfe ihres Geliebten Aigisth Agamemnon. Und wird selbst – so will es der Fluch – von ihrem Sohn Orest getötet. Die Quelle dieser Gewalt ist dabei längst aus dem Blick geraten, wir verfolgen nur noch ihre quälende Wiederholung. Gerade die, die sie begehen, stehen fassungslos vor den eigenen Taten. Hugo von Hofmannsthal lässt in seiner Version von Elektra Klytämnestra sagen: „Erst wars vorher, dann wars vorbei – dazwischen hab ich nichts getan.“ Fast wie in der Fiktion von Horrorfilmen, wo auch Tote, animierte  Maschinen oder vom Körper getrennte Körperteile nach eigenem Plan Morde begehen  können. Eine schreckliche Steigerung erfährt das, wenn von diesem Horror das vermeintlich  Bekannte und Ureigenste, die Familie, ergriffen scheint. Grotesk, wenn die Gewalt gerade  unter denen grassiert, die sich am nächsten stehen. Die eigene Tochter hat Agamemnon geopfert. Im eigenen Bade hat seine Frau Klytämnestra ihn dafür erschlagen. Der Mord an der eigenen Mutter durch Orest – und in gewissem Sinne auch durch  Elektra – scheint all das noch zu übertreffen. Muss der Fluch nicht einmal ein Ende haben und sei es hier, an diesem Punkt des größten Horrors?  Welchen Ausgang bietet dieses Horrorhaus der Familientraumata, wo doch alle aufgehängt sind am eigenen Schicksal wie Marionetten in einem Schaukasten? Orest und  Elektra sind die letzten Verbleibenden in einem Reich der Schuld. Orest versucht eine neue Antwort auf diese Schuld zu finden: das Geständnis. Aber wie sagt man das Unaussprechliche? Und wird er schließlich gehört? Wer jedenfalls bleibt, ist Elektra.
Das „Familienalbum“, das Rieke Süßkow gemeinsam mit dem Ensemble entwickelte, ist ein Theaterabend ohne Text. Die Lesart der  Geschichte und die körperlich-musikalische Erzählweise entstanden in Auseinandersetzung mit den Elektra-Bearbeitungen von Sophokles, Hugo von Hofmannsthal und Eugene O’Neill. 

Von Karolin Trachte

Pressestimmen

"Ein Theatraler Abend der besonderen Art."Deutschlandfunk Kultur

"Ein in dieser konzentrierten Stilisierung höchst reizvoller Abend, der die Tragödie in ihrer Stummheit quasi auf ihre Quintessenz reduziert. Sie alle sind nur Marionetten, sind Hampelmänner und -frauen am Spielzug des Schicksals."Berliner Morgenpost

"Es hat einen ganz eigenen Reiz wie hier der häusliche Horror in den Schauspielern Gestalt annimmt, oder besser gesagt, sich ihrer Körper bemächtigt."RBB Inforadio

"Ein ziemlich beeindruckendes Bühnenbild, das als Pop-Up-Bilderbuch gestaltet ist. Immer wenn sich die Seiten umblättern kommen neue Bühnenideen zum Vorschein."Deutschlandfunk Kultur