Aktuell keine Termine
Nach "Käsebier erobert den Kurfürstendamm" liest und spielt die unverwechselbare Katharina Thalbach einen weiteren schillernden Roman aus der Weimarer Republik, dessen Thema für jede Generation bis heute aufs Neue von Belang ist. Im Zentrum steht Gilgi, eine eigensinnige, junge Frau, die etwas will vom Leben. Mit souveränem Witz, Scharfsinn und großem Herz begegnet sie allen und allem, was sich ihr in den Weg stellt. Katharina Thalbach springt in verschiedene Rollen, wechselt die Stimmen und lässt die Protagonistin zwischen gesellschaftlicher Bevormundung, ökonomischen und emotionalen Abhängigkeiten ihren ganz eigenen Weg in die Selbständigkeit finden. Es ist die Geschichte einer jener selbstbewussten Frauen, wegen derer Keuns Bücher 1933 von den Nazis verboten wurden. "Eine große One-Woman-Show." (Berliner Morgenpost)
Katharina Thalbach ist eine unverwechselbare Größe auf deutschen Bühnen und Bildschirmen. Ihr Repertoire reicht von der Mutter Courage über den Hauptmann von Köpenick bis hin zu Hercule Poirot. Als Meisterschülerin von Helene Weigel verbindet sie eine lange Geschichte mit dem Berliner Ensemble.
Mit Gilgi, der Titelfigur ihres ersten Romans, betritt die 26-jährige Irmgard Keun 1931 die von Männern dominierte deutschsprachige Literaturszene und wird über Nacht berühmt. Die Geschichte der jungen Angestellten Gisela in der Weimarer Republik, die zwischen Bevormundung, ökonomischen und emotionalen Abhängigkeiten ihren ganz eigenen Weg in die Selbständigkeit findet, wird ein großer Erfolg, ebenso wie Das kunstseidene Mädchen, Keuns zweiter Roman aus dem Jahre 1932. Es ist der Beginn einer großen Karriere, jäh unterbunden von den Nazis.
1933 wurden Keuns Bücher als „Asphaltliteratur mit antideutscher Tendenz“ verboten und aus Bibliotheken wie Buchhandlungen entfernt. Die junge Autorin geriet in existenzielle finanzielle Nöte und nach einer Denunziation ins Visier der Gestapo. Es war nicht der vielgerühmte Humor in ihren Texten – oder vielmehr ihr souveräner, oft ziemlich böser Witz, weswegen die Nazis ihre Bücher aus dem Verkehr zogen, sondern Keuns Parteinahme für Menschen in prekären Lebensumständen. Und weil ihren Protagonistinnen eine vogelfreie Promiskuität verlockender erscheint als das tradierte Bild der Frau und Mutter, das der Faschismus festschreibt. Dem widerspricht am Ende auch nicht Gilgis Entscheidung gegen ein ungesichertes Leben im Rausch, gegen ein Leben als Geliebte eines Bohémiens.
Sie entscheidet sich, ihr Kind zur Welt zu bringen trotz absehbarer schwieriger Verhältnisse als Alleinerziehende. Bei allem, was Gilgi widerfährt und tut, hält sie selbstbewusst, manchmal auch mit beinahe asozialem Trotz an ihrer Lebensmaxime fest: selbständig zu sein, das Leben in eigener Hand zu behalten, sich von niemandem helfen zu lassen – um niemandem helfen zu müssen. Eine Haltung, die, so sehr sie auf Unabhängigkeit abzielt, zutiefst abhängig ist von den Rahmenbedingungen einer Welt kurz vor dem sozialen Kältetod.
Der „Wer-wird-denn-weinen-Stil“, den auch die Figuren in Irmgard Keuns Romanen glänzend beherrschen, ist Ausdruck eines Lebensgefühls der Generation der Mittzwanziger, das in der Literaturgeschichte gemeinhin mit dem zweifelhaften Begriff „Neue Sachlichkeit“ etikettiert wurde. Doch der Begriff „ist auch des-wegen für Irmgard Keun zu eng“, so ihre Wiederentdeckerin Ursula Krechel, „denn ‚sachlich‘ sind ihre Romane keineswegs; sie sind überbordend, haben Fülle, Reichtum, Spannung, Witz.“
Aufgrund des Hilfsangebots eines niederländischen Verlags entschied sich Keun 1936 zur Emigration. Im belgischen Ostende lernte sie den österreichischen Schriftsteller Joseph Roth kennen, mit dem sie zwei Jahre zusammen lebte und arbeitete. Ihre Erfahrungen im nationalsozialistischen Deutschland verarbeitet sie in dem Roman Nach Mitternacht. Nach der Besetzung der Benelux-Länder durch die deutsche Wehrmacht im Jahre 1940 kehrte sie mit einem falschen Pass nach Deutschland zurück, wo sie bis Kriegsende in halb illegalem Zustand unter dem Namen Charlotte Tralow lebte. Eine späte Ehrung erfuhr Keun durch die Verleihung des Marieluise-Fleißer-Preises im November 1981, nachdem ihre Bücher in den späten 70er-Jahren neu aufgelegt worden waren. Irmgard Keun starb 1982 in Köln.
Katharina Thalbach ist eine unverwechselbare Größe auf deutschen Bühnen und Bildschirmen. Ihr Repertoire reicht von der Mutter Courage über den Hauptmann von Köpenick bis hin zu Hercule Poirot. Als Meisterschülerin von Helene Weigel verbindet sie eine lange Geschichte mit dem Berliner Ensemble. Nach der erfolgreichen Lesung von "Käsebier erobert den Kurfürstendamm" der zu Unrecht fast vergessenen Berliner Autorin Gabriele Tergit (1894 – 1982) bringt Thalbach nun Keuns ersten Roman auf die Bühne.
von Sibylle Baschung
- Sibylle Baschung Textfassung
- Oliver Reese Szenische Einrichtung
- Janina Kuhlmann Ausstattung
- Jörg Gollasch Musik
- Steffen Heinke Licht