Brecht

Warum bin ich, wer ich bin?

Eine Einführung zum Stück "Mann ist Mann"

Keines von Brechts Stücken existiert in so vielen Versionen, wie "Mann ist Mann": Dramaturg Lukas Nowak geht der Frage nach der Austauschbarkeit und dem Verlust von Individualität in einem Kollektiv in seiner Einführung zum Stück nach.

von Lukas Nowak | 11.01.24

© Moritz Haase

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In Brechts Lustspiel, 1926 uraufgeführt, gerät der Arbeiter Galy Gay an eine Gruppe Soldaten, die bei einem Einbruch einen Kameraden verloren haben. Nun benötigen sie dringend einen Ersatz, bevor sie bei Sergeant Fairchild in Ungnade fallen. Eigentlich wollte Galy Gay auf dem Markt nur kurz einen Fisch kaufen, doch er hat ein Problem: Er kann nicht nein sagen.

Und so schwimmt ihm sein ursprünglicher Plan wie ein Fisch davon: Galy Gay wird von den soldatischen "Gefühlsingenieuren" (Brecht) wie am Fließband in den Soldaten Jeraiah Jip verwandelt. Er wird manipuliert – und lässt sich gerne manipulieren. Dabei hilft auch Witwe Begbick, die die kriegsbereiten Soldaten aus ihrem fahrbaren Bierwagon mit "Treibstoff" versorgt – und daraus ihren Profit schlägt. 

Die Austauschbarkeit und der Verlust von Individualität in einem Kollektiv interessierte Brecht, als er das Stück schrieb und mehrfach umschrieb: Von keinem seiner Stücke existieren wohl mehr Versionen. 

Herr Bertolt Brecht behauptet: Mann ist Mann. Und das ist etwas, was jeder behaupten kann. aus: "Mann ist Mann" von Bertolt Brecht

Brecht hielt unter kapitalistischen Verhältnissen nicht nur die menschliche Individualität, sondern auch den Ort der Handlung – eigentlich das britisch-kolonialbesetzte Indien – für austauschbar: "einfach ein fremdes Land". 

Vielleicht stimmt das – aber nur, insofern Kolonialismus und Kriege immer wieder im historisch neuen Gewand auftreten und in jeder Zeit neu verstanden werden müssen. Aufgrund der unzähligen Identitätsangebote fällt das womöglich umso schwerer in einer Gegenwart, in der kein gemeinsamer Blick mehr auf die Welt entsteht. 

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