Freiheit und Gewalt

Eine Einführung zum Stück "Clockwork Orange"

Wie frei ist der Mensch und liegt Freiheit in der Individualität oder gerade im Gemeinsamen? Diese Frage erkundet der Kultroman "Clockwork Orange" von Antony Burgess. Worum es im Stück geht, hat Dramaturg Johannes Nölting zusammengestellt.

von Johannes Nölting | 14.01.23

© Jörg Brüggemann

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Ein Grundkonflikt der menschlichen Existenz ist die Frage danach, wie unabhängig, wie verantwortlich, kurz: wie frei wir eigentlich sind. Basiert unser Handeln auf den eigenen, freien Entscheidungen – oder sind wir vielmehr ein Produkt unserer Umwelt oder gar eines sich lediglich abspulenden genetischen Programms? In jedem Fall ist die Freiheit des Menschen eine Frage der Gewalt, denn gewaltvoll prägt die Umwelt, respektive die Gesellschaft, sich in jeden einzelnen Menschen ein, gewaltvoll kämpft jede:r Einzelne darum, kein Teil der Masse zu sein, kein Etwas, sondern Jemand.

Anthony Burgess’ Kultroman "A Clockwork Orange" (1962) erzählt von einer Bande Jugendlicher, deren selbsternannter Anführer Alex eben diese Grauzone zwischen Freiheit und Fremdbestimmung, ethisch-politischer Entscheidungskraft und biologischer oder soziologischer Teleologie auslotet – weder die Beschreibung als Opfer seiner Umstände noch das „reine Böse“ eines sadistischen Täters werden ihm als Charakterisierung gerecht. Er ist ein Produkt der Gesellschaft, in der er lebt, und frei entscheidendes Subjekt zugleich. 

Burgess stößt damit in eine Lücke der europäischen Literatur- und Geistesgeschichte: Er entscheidet sich nicht zwischen einem idealistischen Menschenbild (der Mensch als Schöpfer:in des Selbst) und einem materialistischen (der Mensch als Produkt seiner Umstände), sondern sucht die Antwort im Dazwischen – das die Freiheit wie die Gewalt so untrennbar und unergründbar macht wie die menschliche Existenz. 

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