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Schick mich nicht ins Blut!

Eine lyrische Verarbeitung zur Lage in Iran

Die tiefgreifende Diskriminierung iranischer Frauen und ihrer Bemühungen, ihren individuellen physiologischen Körper zurückzugewinnen, ist heute unter strengster Zensur offensichtlicher denn je. Die Autorin und Lyrikerin Raziye Aghajari hat dies in einem Gedicht verarbeitet, welches wir exklusiv in Farsi und der deutschen Übersetzung veröffentlichen.

von Raziye Aghajari | 15.01.24
Bertolt-Brecht-Platz 1
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Die Autorin über ihr Gedicht

Die tiefgreifende Diskriminierung iranischer Frauen und ihrer Bemühungen, ihren individuellen physiologischen Körper zurückzugewinnen, ist heute unter strengster Zensur offensichtlicher denn je.

Der Körper, der die Identität und erste Heimat jedes Menschen darstellt, war im totalitären System und in der patriarchalen Gesellschaft Irans für Männer schon immer ein Feld, auf dem sie ihre Macht demonstrieren konnten, während dies Frauen stets verwehrt wurde. 

Die Worte der Frau werden gestohlen und damit der Körper, der eines der wichtigsten Elemente beim Schaffen literarischer und künstlerischer Werke ist, vom Publikum ferngehalten. Seit mehr als 45 Jahren töten Söldner der Islamischen Republik iranische Schreibende, sperren sie ein, foltern sie oder zwingen sie in ein selbst auferlegtes Exil, weil sie wissen, dass die Unterdrückung von Kunst und Literatur im Laufe der Geschichte noch nie ganz erfolgreich war. Sie wollen auf diese Weise den Fluss und die Ernährung der Gesellschaft verhindern. Aus diesem Grund unterdrücken sie Dichter:innen, Schriftsteller:innen und Künstler:innen.

به گلوله
که روشن است نرگس‌زار حنجره‌اش
مرا به خون نده!
ضمیمه به آمبولانس در پشت گلن گدنت
اول بار مرا تن کن
نگاهت را از این چشم عبور بده
و بعد در من بچرخ
در فریاد بی‌دهان خیابان
آن لکه‌ی خون بر پیشخوان دکه‌ی روزنامه فروشی
نگاهت را همان جا بگذار
من هرگز نبوده‌ام.

شاعر: راضیه آقاجری

An die Kugel
deren Kelhkopf leuchtet wie ein Narzissenfeld.
Schick mich nicht ins Blut!
An den Krankenwagen gefesselt, hinter deinem Schlagbolzen
Zieh dir mich erst über
lass deinen Blick durch dieses Auge wandern
und dann wende dich in mir
im mundlosen Schrei der Straße
dieser Blutfleck auf dem Kiosktresen
lass deinen Blick dort
mich hat es nie gegeben

Razieh Aghajari, geboren 1985 in Iran, veröffentlichte bereits vor 20 Jahren ihren ersten Gedichtband zum Thema Weiblichkeit und publizierte unerlaubt ein anschließendes Audioalbum mit dem Titel "5 km nach dir". Sie arbeitete außerdem als Journalistin und Herausgeberin der Literaturabteilung der inzwischen verbotenen Monatszeitschrift Promethe. Zwei Jahre lang war sie Leiterin der Frauen- und Literaturkommission der unabhängigen Nichtregierungsorganisation Indengari, bevor sie aufgrund der zunehmenden Zensur und Drohungen Iran verlassen musste.

Übersetzung: Sara Ehsan

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