Draussen vor der Tür

von Wolfgang Borchert
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Welche Verantwortung übernehmen wir für die Folgen der Kriege "draußen vor der Tür"? Und was wollen wir überhaupt wissen von der Gewalt "draußen vor der Tür"? Wer ist bereit, sich vor dem Genuss eines Wurstbrots der Wahrheit eines Schlachthauses zu stellen? Beckmann, der traumatisierte Kriegsrückkehrer, für den eine Heimkehr unmöglich ist, bleibt "draußen vor der Tür", nachts, auf der Straße im Regen. Verfolgt von seinen quälenden Erinnerungen, will er keinen Tag länger ermordet werden und keinen Tag länger Mörder sein. Er schreit der Gesellschaft ihre kollektive Schuld ins Gesicht und verlangt Antwort. Michael Thalheimer bringt das Stück, das laut Borchert "kein Theater spielen und kein Publikum sehen will", mit Kathrin Wehlisch als Beckmann auf die Bühne.

Wolfgang Borchert, der einer der wichtigsten Autoren der "Stunde Null" und auch Schauspieler war, schrieb "Draußen vor der Tür" innerhalb von acht Tagen im Januar 1947. Unheilbar krank nach sechs Jahren Krieg, diversen Gefangenschaften und der Hungersnot, blieb ihm wenig Zeit, das wusste er. Am 13. Februar desselben Jahres fand die Rundfunkpremiere des Textes statt, die ein dermaßen leidenschaftliches Echo auslöste, dass eine Theateraufführung in den Hamburger Kammerspielen am 21. November geplant wurde.

Mit seinem Text hatte Borchert einen Aufschrei gegen die ungeheure Verdrängung der Nachkriegszeit in Worte gefasst, der einer kriegstraumatisierten und um ihre Jugend schwer betrogenen Generation eine Stimme gab. Einen Tag vor der Uraufführung des Stücks, welches laut Untertitel "kein Theater spielen und kein Publikum sehen will", starb Borchert im Alter von nur 26 Jahren.

Zu Lebzeiten wurde Borchert wiederholt monatelang inhaftiert, er erhielt sogar ein Todesurteil: Seine kritischen Worte über Hitler in seinen Briefen, seine Goebbels-Parodie auf einer Kabarettbühne und seine Verehrung für Rainer Maria Rilke, welche die Nazis als vermeintliche Homosexualität kriminalisierten, wurden als staatsgefährdende Straftaten eingeordnet. Die Familie Borchert wurde 1937 aus ihrer Hamburger Wohnung vertrieben, denunziert von der benachbarten Familie Kramer aufgrund mangelnder Linientreue. Frau Kramer fand schließlich, unter anderem Vorzeichen, als Figur Eingang in Borcherts expressionistisches Stationen-Drama.

Geprägt von seiner Erfahrung als Kriegsheimkehrer stellte Borchert in der Figur des Beckmanns – der keinen Tag länger ermordet werden und keinen Tag länger Mörder sein will – Fragen, die weit über das Nachkriegsdeutschland von 1945 hinaus drängen, wie gegenwärtig wieder schmerzhaft deutlich wird: Welche Verantwortung übernehmen wir für die Folgen der Kriege „draußen vor der Tür“, an denen wir beteiligt sind? Was wollen wir wissen von den Auswirkungen der Gewalt „draußen vor der Tür“, von der wir profitieren? Wie geht unsere Gesellschaft mit kriegstraumatisierten Menschen um? Sind wir bereit, anstelle von Verdrängung Trauerarbeit zu leisten? Wer stellt sich der Wahrheit eines Schlachthauses, bevor er sich sein Wurstbrot schmecken lässt? Was tun wir, um Krieg zu verhindern? In was für eine Welt schicken wir die uns nachfolgenden Generationen?

von Amely Joana Haag

Trailer

Pressestimmen

Pressestimmen

"Das ist große Schauspielkunst. Was sich über den ganzen Abend sagen lässt, der seine Intensität über die ganzen 100 Minuten hält."Berliner Morgenpost

"Ein wahnsinnig bewegender Theaterabend mit sehr großem, euphorischen, befreienden Theaterapplaus zum Schluss – völlig zu Recht."rbb Kultur

"Ab und zu gelingt es dem Theater, besser als es irgendwelche Erklärungen könnten, festzuhalten, was gerade geschieht und wie sich viele Menschen fühlen."Süddeutsche Zeitung

"Ein starkes Stück mit einer starken Kathrin Wehlisch, die mit ihrem Spiel sich und die Zuschauer an die Grenze des Erträglichen führt."rbb Abendschau

"Ein intensiver Theaterabend."RND

"Eine großartige Leistung von Kathrin Wehlisch, in den besten Momenten, wenn es dann auch um die Verantwortung im Krieg geht, oder die Saturiertheit und Kälte der Gesellschaft, kann sie einem auch wirklich unter die Haut gehen."Deutschlandfunk Kultur

"Der Regisseur Michael Thalheimer stellt seine Kunst über Wirklichkeit und Gegenwart. Er nimmt größtmöglichen Abstand zur Welt und führt in seinem Werk die Tragik des menschlichen Daseins als ewig, existenziell und unabänderlich vor."Berliner Zeitung

"Kathrin Wehlisch gibt als Kriegsheimkehrer Beckmann der Aufführung Würde, Kraft und Wahrheit, wenn sie als einziger Mensch unter lauter Geisterbahn-Zombies durch diesen Albtraum irrt. Und am Ende darauf in der einzig möglichen Weise antwortet: mit einem stummen Schrei."Süddeutsche Zeitung

"Thalheimer entmythologisiert dieses pazifistische Stück und holt es auf den Boden der Tatsachen und legt den Finger in die Wunden, dieses von Wort-Ballungen, Alliterationen, Ausrufe- und Fragezeichen platzenden Stücks, und entdeckt es neu als ein sprachliches Kunstwerk über das Leiden der Kreatur, die Verführbarkeit des Menschen und die Schuld."rbb Kultur

"Was für ein Wunder von einem Bühnenbild: Knapp 1000 Lampen hängen von der Decke im Großen Haus, grüne, rote, gelbe, blaue. In der Dunkelheit kann das Auge die bunte Pracht zuerst gar nicht bewältigen. Man denkt an die melancholische Schönheit von Jahrmärkten, über die man als Kind nach Einbruch der Dunkelheit spazierte. Oder an die verwirrende Fülle am Sternenhimmel."Berliner Morgenpost

"Kathrin Wehlisch trägt den Abend, der einem psychedelischen Fiebertraum voll böser Erinnerungen in einer beklemmenden Gegenwart ähnelt, mit Energie und Hingabe."Märkische Oderzeitung

"Der Abend ist eine Zumutung und ein Geschenk gleichzeitig. Eine Zumutung weil, der Borchert-Text ist tragisch und hoffnungslos und genau mit genau dieser Stimmung bin ich auch aus dem Stück rausgetaumelt. Aber er ist eben auch ein Geschenk, weil eben gerade heute wo dieses Thema der Kriegsheimkehrer plötzlich eben nicht nur die Geschichte vom Opa ist, da macht dieser Text, dieses Drama das wirklich nachfühlbar."RadioEins

"Darstellung, Bühnenbild und Musik spielen hier geschickt zusammen, ohne dass es emotionalisierend wird; der Text wird weder der Lächerlichkeit preisgegeben noch unzulässig mit Botschaften aufgeladen. So kann er in all seiner Ambivalenz blühen."Der Freitag